POD002 – Führen nach dem Resonanz-Prinzip
Resonanz heißt in der Akustik, dass zwei schwingungsfähige Körper miteinander in Beziehung treten (resonare = zurücktönen). Sie ist ein menschliches Grundbedürfnis und eine Grundfähigkeit. Wir können mit anderen Menschen resonant sein, mit Dingen, mit der Natur, der Kunst, der Religion. Resonanz kann auch bei der Arbeit entstehen, wenn ich z. B. an einem Konzept arbeite und sich dabei meine Einstellung zu einem Thema verändert. Da alles schwingt, können wir folglich auch mit allem in Resonanz treten. Resonanz bedeutet, berührt oder bewegt zu werden. Etwas hat mich erreicht. Sie bedeutet folglich nicht Konsonanz, Harmonie oder Gleichklang. Resonanz ist das zwischen der Dissonanz und der Konsonanz. Wenn wir uns z. B. alle einig sind über ein Erlebnis, ist das keine Resonanz. Sie tritt da ein, wo wir über etwas Streiten.
Resonanz führt zur Tranformation
Resonanz heißt also nicht Zustimmung, sondern eine Reaktion zeigen. Sie ist auch nicht die Stärkung dessen, was schon immer war. Sie beruht auf Veränderung dessen, was ist. Es geht darum, sich berühren zu lassen und darauf zu antworten, emotional, körperlich und gedanklich. Somit ist Resonanz nicht auf Wachstum, Verbesserung oder Steigerung ausgerichtet. Sie ist im Gegenteil die Grundlage für Achtsamkeit und Entschleunigung. Es geht darum, anders mit sich selbst und der Welt in Kontakt zu kommen. Es findet eine Transformation statt. Nach einer solchen Berührung bin ich ein anderer.
Resonanzbeziehungen können nicht systematisch hergestellt werden. Wir können nicht sicher sein, das Resonanz entsteht. Wir können sie nicht erzwingen. So kann es sein, dass mich ein lang geplanter Konzertbesuch mit besonderen Musikern weit weniger berührt, als eine zufällige Begegnung mit einem Straßenmusiker in einer Fußgängerzone.
Resonanz lässt sich nicht steigern, verbessern oder abspeichern. Selbst wenn ich einen Film von einem besonderen Erlebnis erstelle, kann er niemals die Wirkung des realen Erlebnisses festhalten. Die Wirkung von Resonanz lässt sich auch nicht vorhersagen. Wenn wir mit etwas oder jemanden in Resonanz treten, wissen wir nicht, was dabei herauskommt. Resonanz bedeutet, ich lass mich auf etwas ein und ich weiß nicht, was das Ergebnis sein wird.
In der Resonanz lassen wir uns auf Prozesse ein, deren Ausgang wir nicht kennen
Resonanz ist nur unter bestimmten Verhältnissen möglich. Wenn ich Resonanz erzeugen will, muss ich etwas zu sagen haben, was mein Gegenüber berührt, interessiert oder emotional anspricht. Das, was ich von mir gebe, muss eine Reaktion hervorrufen. Wir können auch nur in Resonanz treten, wenn wir uns öffnen und darauf einlassen, nicht zu wissen, was dabei herauskommt. Wir müssen uns auf Prozesse einlassen, bei denen wir nicht wissen, was das Ergebnis ist. Das birgt auch ein Verletzungsrisiko oder ein Scheitern.
Resonanz ist eine wichtige Voraussetzung für Innovationen. Wer sich ständig absichert, keine Fehler machen will und alles genau vorausplanen möchte, kann nicht in Resonanz treten und wird sich nicht verändern.
Das Resonanz-Prinzip widerspricht der Zielorientierung, Effizienz und Effektivität. Es ist eine Alternative zum ständigen Streben nach Wachstum und zur Nutzenorientierung.
In Zeiten der Beschleunigung und Selbstoptimierung bleibt die Resonanz jedoch auf der Strecke. Menschen, die in Angst sind, unter Stress geraten oder im Zeit- oder Wettbewerbsdruck sind, können sich nicht auf Resonanz einlassen. Sie werden zu ferngesteuerten Objekten ohne es zu merken.
Wenn wir z. B. mit den Klängen eines Gongs in Resonanz treten, sind wir offen, um uns von den Klangwellen berühren zu lassen, aber gleichzeitig geschlossen genug, um selber tönen zu können. Dann wirken sich die Klänge auf Hautwiderstand, Atmung, Körperspannung, Herzfrequenz und mehr aus. Die Schwingungen der Gongs bringen unseren Körper in Schwingung. Der gesamte Raum in dem wir und befinden wird zu einem Klangkörper, in dem wir mitschwingen. Durch die Schwingungen lösen sich Blockaden, körperlich, geistig und seelisch. Wir kommen in einen Zustand der Entspannung.
Resonanz setzt Absichtslosigkeit und Vertrauen voraus
Wenn wir mit Menschen in Resonanz treten wollen, bedeutet dies, dass wir uns zunächst einmal absichtslos vertrauen. In der persönlichen Begegnung und im Gespräch kann Resonanz entstehen. Das merken wir, wenn wir intensiv miteinander kommunizieren und am Ende ein Ergebnis herauskommt, das wir niemals hätten planen oder voraussagen können und alle Beteiligten eine Veränderung bei sich und beim anderen spüren.
Das Resonanz-Prinzip eignet sich meines Erachtens auch besonders bei der Führung von Menschen und Unternehmen. Offenheit, Vertrauen, Achtsamkeit, Reflektionsfähigkeit und Empathie sind wichtige Grundlagen. Dann erleben wir im Gegenüber ungeahnte Fähigkeiten und entdecken Chancen für das eigene Wachstum.
Sehr geehrter Herr König,
ich bin gerade dabei meine Abschlussarbeit für den Ausbildungslehrgang zum geistlichen Begleiter im Europakloster „Gut Aich“ zu schreiben. Dabei bin ich auf Ihren Podcast gestoßen.
Ich möchte bei Ihnen anfragen, ab ich Auszüge daraus für meine Arbeit verwenden darf, da ich finde, dass Ihre Erläuterung zur Resonanz sehr verständlich und treffend ist?
Ihre Beschreibungen haben mir die Wichtigkeit der Resonanz in der Begleitung von Menschen bestens aufgezeigt.
Vielen herzlichen Dank.
Liebe Grüße aus dem herbstlichen und sonnigen Südtirol
Iwan Hofer
Sehr geehrter Herr Hofer,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Sie dürfen mich gerne in Ihrer Arbeit zitieren. Im Aufbau von Resonanzbeziehungen sehe ich einen wichtigen Beitrag zu einem werteorientieren Miteinander, das frei ist von ökonomischem, zielorientiertem und egozentrischem Denken. Gleichzeitig ermöglichen sie eine große Offenheit für Neues und schaffen Raum für authentische Begegnungen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Abschlussarbeit.
Viele Grüße von der Mosel
Franz-Josef König